Chronik
des
Obst- und Gartenbauvereins Rheinbreitbach e.V.
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Zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts, gab es im damaligen Deutschen Kaiserreich an vielen Orten Bemühungen, in der Landwirtschaft und im Obst- und Gartenbau, die Anbaumethoden und die Vermarktung der Produkte zu verbessern.
Dadurch sollte die städtische Bevölkerung, insbesondere die Industriearbeiterschaft, preiswert mit guten Lebensmitteln versorgt und das Einkommen der Bauern gesteigert werden.
Auch in Rheinbreitbach führte diese Entwicklung dazu, dass Obst- und Gartenbauer sich trafen und austauschten. Aus diesen Kontakten resultierte im Frühjahr 1907 die Gründung eines Vereins mit dem Namen:
"Obst- und Gartenbauverein zu Rheinbreitbach" .
Das genaue Gründungsdatum ist nicht mehr bekannt. Als Zweck wurde in der Gründungssitzung "die Pflege und Förderung des Obst-, Garten- und Gemüsebaus" festgelegt.
Mitglied des Vereins konnte "jeder unbescholtene, großjährige Bewohner oder Grundbesitzer" in Rheinbreitbach werden. Weiter wird in der Gründungssatzung festgelegt, dass der Verein ab 1908 dem Verband der Obst- und Gartenbauvereine im Bezirk der Landwirtschaftskammer für die Rheinprovinz beitritt.
Der Beitrag wurde auf 1 Reichsmark jährlich festgelegt.
Der neugegründete Verein hatte zunächst 17 Mitglieder. Anton Josef Westhofen wurde zum 1. Vorsitzenden gewählt. Sein Stellvertreter war Adolf Steeg und als Schriftführer wurde Albert Westhofen gewählt.
Eine sogenannte "Umgründung" des Vereins fand am 17.01.1909 statt. Er nannte sich fortan "Landwirtschaftliches Casino zu Rheinbreitbach". Gleichzeitig erhielt er eine neue, am 18.02.1909 vom Bürgermeisteramt Unkel genehmigte Satzung. Als Vereinszweck wird darin "die Förderung des landwirtschaftlichen Betriebes seiner Mitglieder u.a. durch Verbreitung und Benutzung guter landwirtschaftliche Bücher, durch die Verbreitung nützlicher Haus- Molkerei-, Stall- und Ackergeräte im Wege der Prämierung oder Verlosung sowie durch gemeinschaftlichen Bezug landwirtschaftlicher Verbrauchsgegenstände."
Nicht alle Mitglieder des Obst- und Gartenbauvereins traten dem Landwirtschaftlichen Casino bei. Franz Wilsberg wurde zum 1. und Anton Josef Westhoven zum 2. Vorsitzenden gewählt. 1909 hatte das Casino 42 Mitglieder. Zu Beginn des 1. Weltkrieges im Jahre 1914, war die Mitgliederzahl auf 22 geschrumpft.
An Vereinsaktivitäten sind im Protokollbuch festgehalten:
- Vorträge über neue Obstsorten und Anbaumethoden
- gemeinsamer Einkauf neuer Obstsorten
- Anschaffungen von Fachbüchern für die Vereinsbibliothek
- Besuch und Beteiligung an landwirtschaftlichen Ausstellungen
Die Eintragungen im Protokollbuch enden zu Beginn des 1. Weltkrieges. Aus den Folgejahren bis 1934 sind keine Aufzeichnungen mehr vorhanden. Es liegen auch keine sonstigen Erkenntnisse über Vereinsleben und Vereinsmitglieder vor. Fakt ist nur, das irgendwann in diesen Jahren der ursprüngliche Vereinsname "Obst- und Gartenbauverein" wieder angenommen wurde.
In den Protokollen der Folgezeit ist von einer am 04.01.1934 durch den damaligen Gemeindevorsteher Weitze einberufenen Versammlung die Rede, "um den hier bestehenden Obst- und Gartenbauverein, entsprechend den Grundsätzen des 3. Reiches auf neue Grundlagen zu stellen."
Nach Eröffnung der Versammlung durch den stellvertretenden Gemeindevorsteher Wingen, macht der Kreisgartenbauinspektor Grill in einem längeren Vortrag grundlegende Ausführungen zum Obst- und Gartenbau. Neue Arbeitsplätze sollen geschaffen und eine Unabhängigkeit vom Ausland erreicht werden.
Der Kreis Neuwied will mit Hilfe eines 5-Jahres-Planes die Umgestaltung erreichen u.a. durch Untersuchung der Böden, Sortenwahl unter Berücksichtigung des Frühlingsbeginns Schädlingsbekämpfung, Rodung und Neuanlage von Obstgärten, Pflanzen und Pflege der Obstbäume sowie gemeinschaftlicher Absatz von Obst und Gemüse und die Neuanlage von Nutzgärten. Es folgen konkrete Angaben zur Sortenwahl von Obst und Gemüse und zur Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten u.a. von Monilinia (Monilinia, ist eine Pilzgattung, unter der sich wichtige Pflanzenschädlinge bei Obstbäumen befinden. Die Krankheit tritt als Fruchtfäule und/oder Spitzendürre unmittelbar nach der Blüte auf s. Wikipedia)
Kreisgartenbauinspektor Grill ernannte den Gärtner Peter Profittlich zum "Führer" des Rheinbreitbacher Obst- und Gartenbauvereins. Dieser bestimmte den Hauptlehrer Faber zum Schriftführer und den Landwirt Heinrich Uhrmacher zum Kassenwart. Der Monatsbeitrag wurde auf 30 Pfennig festgesetzt. Auch die späteren Vorsitzenden werden vom Kreisgartenbauinspektor ernannt. Der Begriff "Führer" taucht in den weiteren Protokollen aber nicht mehr auf. Es ist dann immer vom Vorsitzenden die Rede.
Es existieren noch Protokolle aus den Jahren 1934 bis 1938 und aus 1943. In ihnen ist u.a von der Anschaffung und Finanzierung einer Obstbaumspritze die Rede, der Beschaffung von Kunstdünger, der Beteiligung an Gartenbauausstellungen, der Sortenwahl und dem Anbau und Absatz von Obst und Gemüse. Über die Mitgliederentwicklung geben die Protokolle keine Auskunft.
Aufgrund der Tatsache, dass der Obst- und Gartenbauverein Rheinbreitbach am 13. Juni 1952 von 26 Mitgliedern neu gegründet wurde und schriftliche Aufzeichnungen aus den Jahren 1944 bis 1951 fehlen, ist davon auszugehen, dass die Vereinsarbeit nach dem Ende des zweiten Weltkrieges bis zur Neugründung 1952 ruhte.
Der Neugründung vorausgegangen war eine Einladung von Josef Vollmer und Hermann Grill zu einer Versammlung am 01.07.1952 im Gasthaus Schneider, bei der die Erdbeerzüchtung "Die von Kirchenhof". Die 30. Anwesenden schlossen sich zu einer "Interessengemeinschaft der Erdbeer- und Obstbauern von Rheinbreitbach" zusammen. Vorsitzender wurde Gartenbauinspektor Hermann Grill und Schriftführer der Dipl.-Vw. Josef Steeg.
Auch in dem dann neu gegründeten Obst- und Gartenbauverein hatten die beiden Herren diese Ämter inne. Kassenwart wurde Karl Reuter. Der Monatsbeitrag betrug 0,50 DM. Es sollten monatliche Versammlungen, jeweils am 1. Dienstag im Monat, im Vereinslokal Gasthaus Schneider abgehalten werden.
Über erste Aktivitäten des Vereins vermelden die Protokolle die Bestellung von 20.000 Stück Erdbeerpflanzen, der gemeinsame Bezug von Düngemitteln und die Anregung die Schädlingsbekämpfung mit einer pferdezugfahrbaren Spritze durchzuführen. Der Vorsitzende Grill bot einen Baumschnittkurs an, der dann im Verein zur Tradition wurde und seit 1952 regelmäßig unentgeltlich durchgeführt wird.
Am 04. Oktober 1952 veranstaltete der Verein sein erstes Erntedankfest, das seitdem regelmäßig Ende September oder Anfang Oktober gefeiert wird.
Bei dem ersten Erntedankfest wurde im Gedenken an die gefallenen und vermissten Soldaten aus Rheinbreitbach auf dem Grundstück der Gemeinde, Kreuzung Graben- /Josefstraße, eine Eiche gepflanzt, die aber verdorrte und zum Erntedankfest 1953 durch eine Linde ersetzt wurde. Die Linde wiederum fiel später Bauarbeiten zum Opfer. Heute steht an ihrer Stelle eine Kastanie.
Am Erntedankfest 1952 wurde erstmals der "Goldene Spaten" verliehen. Im Protokollbuch ist hierzu festgehalten:
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Der Goldene Spaten, das Sinnbild der Arbeit, wird nur an Mitglieder als Wanderpreis mit einer Urkunde verliehen.
Bedingungen: Die beste Kultur- Pflegearbeit und Sortierung wird prämiert.
Wir wollen nie vergessen, dass das heiligste Recht auf dieser Welt das Recht auf Erde ist, die man selbst bebaut, über die man einmal Rechenschaft ablegen muss, von der man mit seiner Familie und dem ganzen Volke lebt.
In diesem Jahr bleibt der 'Wanderpreis im Vereinslokal. Er trägt die Aufschrift: "Obst und Gartenbauverein Rheinbreitbach".
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Seit 1953 wird der Goldene Spaten alljährlich an Mitglieder des Vereins verliehen, die sich um den Verein und seine Anliegen verdient gemacht haben.
Im Herbst 1952 wird eine Lehrfahrt nach Geisenheim durchgeführt. Auch in späteren Jahren gehören Exkursionen zu Gartenbaubetrieben und zu Gartenbau- und Landwirtschaftsausstellungen zum festen Bestandteil des Vereinslebens und sie sind es bis heute geblieben. Standen früher vor allem fachliche und erst an zweiter Stelle touristische Gesichtspunkte im Vordergrund, ist es heute eher umgekehrt.
Den Sitzungsprotokollen des Obst und Gartenbauvereins der folgenden Jahre ist zu entnehmen, das neben Problemen beim Anbau von Obst- und Gemüse auch der Absatz der Feldfrüchte eine große Rolle spielte.
So werden zu den Versammlungen Vertreter der Großmärkte von Bonn und Koblenz geladen.
Eine Einigung diese Vertriebswege zu nutzen scheitert aber an der Auflage, das das Obst homogen verpackt angeliefert werden muss. Auch wird von den Mitgliedern die Befürchtung geäußert, dass bei diesem Vertriebsweg das Finanzamt Kenntnis über die Erlöse der Produzenten erhalten könnte.
Vereinbarungen mit Marmeladenfabrikanten in Bad Honnef, Rheinbreitbach und Unkel scheiterten daran, dass diese nicht bereit waren, die geforderten Preise zu bezahlen.
Die Sitzungsprotokolle zeigen aber auch den Nieder- und letztlich den Untergang des gewerblichen Obst- und Erdbeeranbaus in Rheinbreitbach auf.
Immer mehr Menschen finden eine besser bezahlte Arbeit außerhalb der Landwirtschaft. Vollerwerbsbetriebe werden zu Nebenerwerbsbetrieben, die letztendlich dann auch aufgegeben werden.
Beim Erntedankfest am 07. Oktober 1989 führte der damalige 1. Vorsitzende, Dr. Hans-Jörg Thilo aus, dass früher 90 % der Vereinsmitglieder im Vollerwerb Obst und Gemüse anbauten und ca. 10 % der Mitglieder Klein- und Hausgartenbesitzer waren und dass sich dieses Verhältnis bis zum Jahre 1989 umgekehrt habe.
Diese Entwicklung ist weitergegangen. Den gewerblichen Obst- und Gemüseanbau gibt es in Rheinbreitbach praktisch nicht mehr und so hat sich auch die Mitgliederstruktur komplett gewandelt und damit auch die Aktivitäten des Obst- und Gartenbauvereins.
In den monatlichen Versammlungen werden nun in den Fachvorträgen Fragen zum Hausgarten zur Produktion von Obst und Gemüse im Kleingarten und zur Pflege von Bäumen und Blumen erörtert. Der jährliche Ausflug, die regelmäßigen Wanderungen und die sonstigen Aktivitäten wie z.B. das gemeinsame "Uhlesessen" im Herbst oder die Weinverkostung im Rahmen einer Nikolausfeier fördern das gute Miteinander im Verein.
2007
konnten
138 Mitglieder
den
100. Geburtstag
ihres
Obst- und Gartenbauvereins e.V. Rheinbreitbach
feiern.
In der Festschrift zum 100. Geburtstag ist als Fazit notiert:
Der Verein wächst blüht und gedeiht. Möge es so bleiben.
(aus Festschrift 100 Jahre OGV Rheinbreitbach e.V, Auszüge aus dem Artikel "Schlaglichter aus 100 Jahren Vereinsgeschichte")
Neun Jahre später - 2016 - kann man feststellen, das der OGV Rheinbreitbach weiterhin blüht und gedeiht mit nunmehr 235 Mitgliedern.
Seit etwa 2014 besitzt der OGV Rheinbreitbach auch eine Hymne. Die Idee dazu hatte Christa Scharfenstein. Von ihr stammt auch der Text, welcher dann noch von Gabi Adenauer und Uschi Weinberg ergänzt wurde. Zu der Melodie des Liedes "Wir sind die Tramps von der Pfalz" wird diese Hymne gerne bei Veranstaltungen und Aktivitäten gesungen.